Kaum ein Wort macht im 18. Jahrhundert im Deutschen eine so eigenartige Karriere wie das Wort "Aufsatz". Zu Beginn des Jahrhunderts noch die Bezeichnung für DüsenaufsƤtze sowie für Kommoden- und SchrankaufsƤtze, wird es in der zweiten JahrhunderthƤlfte zum ubiquitƤren Begriff für eine Textsorte, von der nicht recht klar wird, ob sie nun ihrerseits eigentlich neuartig ist oder nicht. Im deutschen Zeitungswesen bezeichnet das Wort "Aufsatz" um 1800 vorübergehend so gut wie alle Formen von BeitrƤgen, die in einem Blatt einlaufen ā vom heutigen "Artikel" über die sachlich-wissenschaftliche "Abhandlung" bis hin zum thematisch-pointierten "Essay". TatsƤchlich erscheinen viele solcher spƤter als "Essays" klassifizierten Texte zunƤchst unter anderen Bezeichnungen wie "Fragment", "Versuch", "Entwurf" oder eben "Aufsatz". Zugleich setzen jedoch in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts verstƤrkt Bemühungen ein, den Aufsatz verbindlicher zu bestimmen und ihn auf eine regelhafte Form zu verpflichten (im Schulwesen, in gelehrten Gesellschaften, in der Wissenschaft). Die Karriere des deutschen "Aufsatzes" ā des Wortes ebenso wie der damit verbundenen Schreibpraktiken und Texte ā ist ein genuin praxeologisches PhƤnomen, das nicht vorschnell mit einem Blick auf seine literarische oder rhetorische Definition in seiner Textlichkeit erklƤrt werden sollte. Vielmehr handelt es sich, so die Kernthese des vorliegenden Bandes, um eine Praxis, die sich aus verschiedenen Quellen und gesellschaftlichen Erfordernissen speist und auf diese reagiert. Es ist das primƤre Anliegen dieses Bandes und seiner BeitrƤge, die Quellen der sich im Laufe des 18. Jahrhunderts ausbreitenden Aufsatzpraktiken in den Blick zu nehmen und so die Entstehungskontexte und funktionalen ZusammenhƤnge dieser sehr spezifischen, mit den gesellschaftlichen Entwicklungen und sozialen Praktiken des 18. Jahrhunderts auf das Engste verbundenen Praxis sichtbar zu machen.