Der Perspektivwechsel in der Raumwahrnehmung des Meeres beruhte für Kiel im Laufe seiner Geschichte auf grundlegend unterschiedlichen Voraussetzungen. Erst mit der Verlegung des Marinestandorts von Danzig nach Kiel 1865 und der Erhebung der Stadt zum Reichskriegshafen 1871 wurden die repräsentativen Bauwerke der preußischen Staatsmacht konsequent auf die Förde bezogen. West- und Ostufer gingen dabei allerdings sehr verschiedene Wege, denn während mit dem militärischen und ökonomischen Aufschwung eine architektonische Aufwertung der Westseite einsetzte, schwand für den Bürger auf der anderen Seite mit der gleichzeitigen Anlage raumgreifender Werftindustrien der unmittelbare Zugang zum Meer als lebendigem Naturraum.
Das 21. Jahrhundert wiederum interpretiert das nahe Wasser als attraktiven Lebensraum, so dass Stadtplaner, Architekten und Politiker sowohl in Kiel als auch andernorts vor einer gestalterischen Herausforderung stehen: Wie können die aufgelassenen Areale für die Öffentlichkeit revitalisiert werden und welche Chancen ergeben sich gegenwärtig bei einer vermehrten Anbindung zweier Seiten Aus Anlass der 100. Wiederkehr der Fertigstellung des ebenfalls einer Wasserfläche zugewandten Kieler Rathauses von Hermann Billing wurden 2011 Architekten und Wissenschaftler zu dieser Thematik im Wandel eingeladen, deren Beiträge in dem Band versammelt sind.