Das vorliegende Buch präsentiert eine phänomenologische Analyse der verschiedenen Formen zwischenmenschlicher Gewalt und ihrer oft unterbelichteten Beziehungen. Auf der Grundlage einer Transformation der Phänomenologie und im Rekurs auf den aktuellen Diskurs der Gewaltforschung entwickelt es einen methodologischen Rahmen für eine nicht-reduktive Analyse von Gewalt, der in angewandten phänomenologischen Fallstudien erprobt wird.
Gewalt war bislang vorwiegend in den Human und den Sozialwissenschaften ein zentrales Thema, wurde aber nur allzu selten zum Gegenstand genuin philosophischer Reflexion. Um dieses Desiderat aufzugreifen und die Bedeutung philosophischer Reflexion für den Diskurs über Gewalt zu demonstrieren, entwickelt das vorliegende Buch einen phänomenologischen Ansatz zur Analyse zwischenmenschlicher Gewalt. Seine Intention besteht darin, ein Korrektiv zu den konventionellen, allzu einseitig verfahrenden instrumentalistischen, essentialistischen oder funktionalistischen Erklärungen von Gewalt vorzulegen.
Im Anschluss an eine kritische Reflexion auf zentrale Aporien des Gewaltdiskurses, denen es sich zu stellen gilt, integriert der Autor relevante Theoreme klassischer Phänomenologie mit neueren Ansätzen in einen umfassenden Analyserahmen. In drei Fallstudien wird dieser Rahmen in konkreten Phänomenanalysen angewandt und der ihm zugrunde liegende weite Gewaltbegriff auf die Probe gestellt. Das Buch schließt mit einem Entwurf einer relationalen Phänomenologie, die es erlaubt, die vielfach unterbelichteten bzw. ausgeblendeten Beziehungen zwischen den verschiedenen Formen von Gewalt ins Auge zu fassen.
Vorbemerkung.- Einleitung.- Part 1: Die Paradoxien der Gewalt und das
Desiderat einer Phänomenologie der Gewalt.
Chapter 1.1: Gewalt und
Gegen-Gewalt.
Chapter 1.2: Naturfaktum oder Kulturprodukt?.
Chapter1.3:
Schwellenerfahrung Gewalt.
Chapter 1.4: Das Desiderat einer
phänomenologischen Theorie der Gewalt.- Part 2: Gewalt in der Phänomenologie?
Eine Spurensuche.- Chapter 2.1: Spuren der Gewalt bei Husserl.-
Chapter 2.2: Ansätze in der klassischen Phänomenologie.
Chapter 2.3: Ein
kurzes Resümee.- Part 3: Methoden und Themen einer Phänomenologie der
Gewalt.
Chapter 3.1: Grundzüge einer Phänomenologie im Umbruch.
Chapter
3.2: Leitmotive einer Phänomenologie der Gewalt.
Chapter 3.3: Subjekt, Sinn
und Gewalt.- Part 4: Die vielen Gesichter der Gewalt: Phänomenologische
Fallstudien.
Chapter 4.1: Zur Phänomenologie interaktiver Gewalt.
Chapter
4.2: Zur Phänomenologie sozialer Gewalt: Rassismus als leibhaftige
Desozialisierung.
Chapter 4.3: Zur phänomenologischen Genealogie extremer
kollektiver Gewalt.- Part 5: Ergebnisse und Konsequenzen. Auf dem Weg zu
einer relationalen Phänomenologie der Gewalt.
Chapter 5.1: Fortschritt und
offene Probleme der neueren Gewaltforschung.
Chapter 5.2: Einsatzpunkte und
Dimensionen phänomenologischer Gewaltforschung.
Chapter 5.3: Die vielen
Gesichter der Gewalt und ihre relationale Genese.
Chapter 5.4:
Konklusionen.- Literaturverzeichnis.
Michael Staudigl, PD Dr., lehrt Philosophie am Institut für Philosophie der Universität Wien. Er absolvierte Studien- und Forschungsaufenthalte in Freiburg, Prag, Louvain-la-Neuve und New York, war von 2001-2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter einer psycho-traumatologischen Ambulanz in Wien, von 2003-2010 Visiting Fellow am Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM), von 2003-2006 APART-Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). 2007-2010 führte er ein vom Österreichischen Fonds zur Förderung wissenschaftlicher Forschung
(FWF) gefördertes Forschungsprojekt am IWM durch und leitet gegenwärtig ein weiteres solches Projekt am Institut für Philosophie. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der klassischen und neueren Phänomenologie, der Sozialphänomenologie und "angewandten Phänomenologie", sowie der Anthropologie, Sozialphilosophie und der interdisziplinären Gewaltforschung.