Wie weit darf Sicherheit auf Kosten der Freiheit gehen Dieser Widerstreit, der unsere Gesellschaft sowie die politische Bildung seit vielen Jahren beschƤftigt, dreht sich letzten Endes darum, wie wir beides miteinander in Einklang bringen kƶnnen. Nicht erst seit den Enthüllungen Edward Snowdens ist bekannt, dass unsere Freiheit im digitalen Zeitalter massiv angegriffen wird. Die Formulierung "aus Sicherheitsgründen" ist zu einem staatstragenden AutoritƤtsargument geworden, das jede Diskussion abwürgt und MaĆnahmen durchzusetzen erlaubt, die sonst nicht akzeptiert würden. Der italienische Philosoph Giorgio Agamben bemerkte im Kontext staatlicher Sicherheitspolitik unlƤngst: "In gewisser Hinsicht sind die heute geltenden Sicherheitsgesetze in den europƤischen LƤndern deutlich strenger als in den faschistischen Regimen des 20. Jahrhunderts".Neben Facetten staatlicher Ćberwachung nimmt die vorliegende Ausgabe des Journals auch die Erfassung unserer Privatheit für wirtschaftliche Zwecke in den Blick. George Orwells düsterer Zukunftsroman "1984" wurde zur Chiffre für den Ćberwachungsstaat, und mittlerweile kann man sich das Orwellsche ĆberwachungsgerƤt"Televisor" freiwillig ins Wohnzimmer holen: Im Februar 2015 warnte ein südkoreanischer Hersteller von FernsehgerƤten vor den Eigenschaften des eigenen Produkts. "Wenn Sie die Spracherkennung aktivieren", so das Unternehmen, "kƶnnen Sie mithilfe Ihrer Stimme mit Ihrem Smart-TV interagieren. Bitte beachten Sie, dass sƤmtliche gesprochenen Worte, auch persƶnliche oder sensible Informationen, bei Ihrer Nutzung der Spracherkennung erhoben und an einen Drittanbieter übertragen werden."Womit die Brücke zum dritten Schwerpunkt des Heftes geschlagen wƤre, nƤmlich der bewussten Preisgabe sensibler persƶnlicher Daten, etwa über Facebook, Self-Monitoring und eben Smart-TVs: Wir sind Komplizen unserer Ćberwachung. Doch die Daten, die bewusst geteilt werden, sind nur die Spitze des Eisbergs.